Investition in den vitalen Wissenspool

Aug. 1, 2006
©Regensburger Universität Stiftung Magazine

The 2006 issue of the ``Regensburger Universität Stiftung Magazine'' (page 56) reported our vision about excellence support at German Universities.
Links:


Investition in den vitalen Wissenspool


In letzter Zeit konnte man die Diskussion um die Einrichtung deutscher Eliteuniversitäten verfolgen, ein Umstand der auch aus der traurigen Feststellung erwächst, dass keine deutsche Universität unter den 40 Spitzenuniversitäten der Welt zu finden ist [1]. Die Konsequenz daraus war, dass einige wenige Universitäten Â?a-prioriÂ? zu Eliteunis, mit besserer Förderung, ernannt wurden. Normalerweise steht das Wort Â?EliteÂ? aber für eine Â?a-posterioriÂ? Bezeichnung, die kontinuierliche Spitzenleistungen anerkennt und auszeichnet.
Dennoch ist es richtig, dass unser altes Europa Elitezentren als Schmelzkessel für Innovationen und sozialen Fortschritt braucht. Solche Themen sollten aber nicht nur durch große politische Aktionen in Angriff genommen werden - auch kleine Schritte können große Distanzen überwinden. So bin ich jedes Mal, wenn ich die USA oder Israel besuche, überrascht von der allgegenwärtigen Präsenz der Stiftungen und privaten Zuwendungen an den Universitäten.
Das Weizmann-Institut in Israel zum Beispiel verfügt über keinen Seminarraum mehr, der nach einem Stifter benannt werden könnte. Man hat sich deshalb entschlossen, Stiftungssteine auf den Wiesen des Instituts aufzustellen. Die europäischen Staaten (die Eigner der meisten Universitäten sind) versuchen ihren Geldnöten auf dem vermeintlich unumgänglichen Weg der Einführung oder Erhöhung von Studiengebühren zu begegnen. Der Â?anders denkendeÂ? komplementäre Weg der privaten Stiftungen wird, vielleicht als Folge des fehlenden Â?Alma MaterÂ?-Gefühls, nicht gegangen. Dazu eine einfache Frage: Stellen Sie sich vor, Sie würden auf dem freien Markt große Gewinne erzielen, würden Sie eine beträchtliche Summe davon ihrer alten Universität stiften? Wahrscheinlich nicht.
Das zeigt sich vor allem an der Größe des Â?EndowmentÂ? (also dem Anteil der Einnahmen einer Institution, der durch Spenden zustande kommt). Während sich diese Quote bei deutschen Hochschulen in einem sehr bescheidenen Rahmen bewegt, kann z. B. Harvard einen Kapitalstock von 25 900 000 000 $ [2] für wissenschaftliche Projekte einsetzen.
Ausdruck des Richtungswechsels
Wir erwarten von unseren Universitäten, dass sie ein Innovationspool und Ausbildungszentrum für die Zukunft der Intelligenz unserer Länder sind, aber wir sind nicht bereit, in sie zu investieren. In Europa wird die Förderung der Universitäten als selbstverständlich hingenommen - oder anders gesagt - sie wird als natürliche Folge einer hohen Steuerabgabe gesehen. Dies ist aber heute keineswegs mehr selbstverständlich, da die öffentlichen Investitionen in die Universitäten immer weniger werden. Das Risiko dabei ist eine gefährliche Kluft zwischen Universitäten und der Â?realen WeltÂ?. Nun, die Vielberth- Stiftung zeigte mir sehr deutlich, dass diese pessimistische Sicht in Regensburg ihre Richtung ändert.
Als Leiter der Nachwuchs-Gruppe Â?Molecular-ComputingÂ? am Institut für theoretische Physik hatte ich die Möglichkeit, die unkomplizierte Förderung in Anspruch zu nehmen. Denn etwas, was die Vielberth-Stiftung gegenüber anderen Einrichtungen auszeichnet, ist der vergleichsweise überschaubare Verwaltungsaufwand und eine effektive Zusammenarbeit.
Unsere Gruppe gehört zu einer der von der Volkswagen-Stiftung fi nanzierten Junior-Forschungsgruppen. Der Hauptschwerpunkt unserer Arbeit ist die theoretische Untersuchung von Ladungstransportprozessen auf der molekularen Skala. Das ist ein sehr aktuelles und aufregendes Forschungsgebiet, dessen Hauptziel die Schaffung von elektronischen Schaltkreisen auf molekularen Ebenen ist. Die Untersuchung solcher Systeme bedarf einer sehr stark interdisziplinären Tätigkeit, an der Physiker, Chemiker und Materialwissenschaftler aus verschiedenen Ländern beteiligt sind.
Die Möglichkeit, mit Unterstützung der Vielberth-Stiftung exzellente Gastwissenschaftler einladen zu können, hat sich als wesentlich für die Weiterentwicklung unserer Forschungsarbeit erwiesen. Durch solche Forschungsaufenthalte konnten enge Kooperationen, vor allem auf internationaler Ebene, sehr viel einfacher zustande kommen, da der persönliche Kontakt sowie der Austausch von Erfahrungen und Forschungsergebnissen viel intensiver möglich sind. Zur Zeit haben wir sehr enge Verbindungen zu Gruppen in den USA (Prof. David Tomanek), Italien (Prof. Aldo Di Carlo), Polen (Prof. Stefan Krompiewski), Korea (Prof. Kicheon Kang) und Israel (Prof. Abraham Nitzan). Diese Wissenschaftler waren zu verschiedenen Zeitpunkten Â?Vielberth-GästeÂ? in unserer Gruppe.
Positives Feedback auf unbürokratische Förderung
Ein weiteres wichtiges Anliegen, das von der Universitätsstiftung unterstützt wird, ist die Organisation von Symposien in einem kleineren Rahmen. So haben wir zum Beispiel Anfang April 2006 einen Workshop zum Thema DNS-Nanoelektronik organisiert, der zum großen Teil von der Stiftung unterstützt wird. Es war uns dadurch möglich, mehrere herausragende Spezialisten zu gewinnen, darunter Prof. Bernd Giese (Basel), Prof. Danny Porath (Jerusalem) und Prof. Sven Stafstöm (Linkjöping). An der Organisation und Finanzierung waren auch die Graduiertenkollegien der Physik (Sprecher: Prof. Klaus Richter) und der Chemie (Sprecher: Prof. Bernhard Dick) beteiligt. Dadurch sind wir in der Lage, Forschungsthemen aus der physikalischen und der chemischen Fakultät zu verbinden.
Unser Beispiel ist klein, aber es zeigt, dass es durchaus ein positives Feedback nicht öffentlicher Investitionen in die Grundlagenforschung und die universitäre Ausbildung gibt. Hoffen wir, dass andere dem Beispiel der Vielberth-Stiftung folgen und an langfristige Investitionen in den vitalen Wissenspool der Universität Regensburg glauben.
Dr. Gianaurelio Cuniberti,
Forschungsgruppe
Â?Molecular ComputingÂ?,
Institut für theoretische Physik
der Universität Regensburg

[1]Quelle: Martin Spiewack. Uni heißt Unterschied. Die Zeit, 6.01.2006. Siehe auch: www.thes.co.uk (World University Ranking).
[2]Harvard University Gazette (Okt. 06, 2005 issue)

Investition in den vitalen Wissenspool

Aug. 1, 2006
©Regensburger Universität Stiftung Magazine

The 2006 issue of the ``Regensburger Universität Stiftung Magazine'' (page 56) reported our vision about excellence support at German Universities.
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Investition in den vitalen Wissenspool


In letzter Zeit konnte man die Diskussion um die Einrichtung deutscher Eliteuniversitäten verfolgen, ein Umstand der auch aus der traurigen Feststellung erwächst, dass keine deutsche Universität unter den 40 Spitzenuniversitäten der Welt zu finden ist [1]. Die Konsequenz daraus war, dass einige wenige Universitäten Â?a-prioriÂ? zu Eliteunis, mit besserer Förderung, ernannt wurden. Normalerweise steht das Wort Â?EliteÂ? aber für eine Â?a-posterioriÂ? Bezeichnung, die kontinuierliche Spitzenleistungen anerkennt und auszeichnet.
Dennoch ist es richtig, dass unser altes Europa Elitezentren als Schmelzkessel für Innovationen und sozialen Fortschritt braucht. Solche Themen sollten aber nicht nur durch große politische Aktionen in Angriff genommen werden - auch kleine Schritte können große Distanzen überwinden. So bin ich jedes Mal, wenn ich die USA oder Israel besuche, überrascht von der allgegenwärtigen Präsenz der Stiftungen und privaten Zuwendungen an den Universitäten.
Das Weizmann-Institut in Israel zum Beispiel verfügt über keinen Seminarraum mehr, der nach einem Stifter benannt werden könnte. Man hat sich deshalb entschlossen, Stiftungssteine auf den Wiesen des Instituts aufzustellen. Die europäischen Staaten (die Eigner der meisten Universitäten sind) versuchen ihren Geldnöten auf dem vermeintlich unumgänglichen Weg der Einführung oder Erhöhung von Studiengebühren zu begegnen. Der Â?anders denkendeÂ? komplementäre Weg der privaten Stiftungen wird, vielleicht als Folge des fehlenden Â?Alma MaterÂ?-Gefühls, nicht gegangen. Dazu eine einfache Frage: Stellen Sie sich vor, Sie würden auf dem freien Markt große Gewinne erzielen, würden Sie eine beträchtliche Summe davon ihrer alten Universität stiften? Wahrscheinlich nicht.
Das zeigt sich vor allem an der Größe des Â?EndowmentÂ? (also dem Anteil der Einnahmen einer Institution, der durch Spenden zustande kommt). Während sich diese Quote bei deutschen Hochschulen in einem sehr bescheidenen Rahmen bewegt, kann z. B. Harvard einen Kapitalstock von 25 900 000 000 $ [2] für wissenschaftliche Projekte einsetzen.
Ausdruck des Richtungswechsels
Wir erwarten von unseren Universitäten, dass sie ein Innovationspool und Ausbildungszentrum für die Zukunft der Intelligenz unserer Länder sind, aber wir sind nicht bereit, in sie zu investieren. In Europa wird die Förderung der Universitäten als selbstverständlich hingenommen - oder anders gesagt - sie wird als natürliche Folge einer hohen Steuerabgabe gesehen. Dies ist aber heute keineswegs mehr selbstverständlich, da die öffentlichen Investitionen in die Universitäten immer weniger werden. Das Risiko dabei ist eine gefährliche Kluft zwischen Universitäten und der Â?realen WeltÂ?. Nun, die Vielberth- Stiftung zeigte mir sehr deutlich, dass diese pessimistische Sicht in Regensburg ihre Richtung ändert.
Als Leiter der Nachwuchs-Gruppe Â?Molecular-ComputingÂ? am Institut für theoretische Physik hatte ich die Möglichkeit, die unkomplizierte Förderung in Anspruch zu nehmen. Denn etwas, was die Vielberth-Stiftung gegenüber anderen Einrichtungen auszeichnet, ist der vergleichsweise überschaubare Verwaltungsaufwand und eine effektive Zusammenarbeit.
Unsere Gruppe gehört zu einer der von der Volkswagen-Stiftung fi nanzierten Junior-Forschungsgruppen. Der Hauptschwerpunkt unserer Arbeit ist die theoretische Untersuchung von Ladungstransportprozessen auf der molekularen Skala. Das ist ein sehr aktuelles und aufregendes Forschungsgebiet, dessen Hauptziel die Schaffung von elektronischen Schaltkreisen auf molekularen Ebenen ist. Die Untersuchung solcher Systeme bedarf einer sehr stark interdisziplinären Tätigkeit, an der Physiker, Chemiker und Materialwissenschaftler aus verschiedenen Ländern beteiligt sind.
Die Möglichkeit, mit Unterstützung der Vielberth-Stiftung exzellente Gastwissenschaftler einladen zu können, hat sich als wesentlich für die Weiterentwicklung unserer Forschungsarbeit erwiesen. Durch solche Forschungsaufenthalte konnten enge Kooperationen, vor allem auf internationaler Ebene, sehr viel einfacher zustande kommen, da der persönliche Kontakt sowie der Austausch von Erfahrungen und Forschungsergebnissen viel intensiver möglich sind. Zur Zeit haben wir sehr enge Verbindungen zu Gruppen in den USA (Prof. David Tomanek), Italien (Prof. Aldo Di Carlo), Polen (Prof. Stefan Krompiewski), Korea (Prof. Kicheon Kang) und Israel (Prof. Abraham Nitzan). Diese Wissenschaftler waren zu verschiedenen Zeitpunkten Â?Vielberth-GästeÂ? in unserer Gruppe.
Positives Feedback auf unbürokratische Förderung
Ein weiteres wichtiges Anliegen, das von der Universitätsstiftung unterstützt wird, ist die Organisation von Symposien in einem kleineren Rahmen. So haben wir zum Beispiel Anfang April 2006 einen Workshop zum Thema DNS-Nanoelektronik organisiert, der zum großen Teil von der Stiftung unterstützt wird. Es war uns dadurch möglich, mehrere herausragende Spezialisten zu gewinnen, darunter Prof. Bernd Giese (Basel), Prof. Danny Porath (Jerusalem) und Prof. Sven Stafstöm (Linkjöping). An der Organisation und Finanzierung waren auch die Graduiertenkollegien der Physik (Sprecher: Prof. Klaus Richter) und der Chemie (Sprecher: Prof. Bernhard Dick) beteiligt. Dadurch sind wir in der Lage, Forschungsthemen aus der physikalischen und der chemischen Fakultät zu verbinden.
Unser Beispiel ist klein, aber es zeigt, dass es durchaus ein positives Feedback nicht öffentlicher Investitionen in die Grundlagenforschung und die universitäre Ausbildung gibt. Hoffen wir, dass andere dem Beispiel der Vielberth-Stiftung folgen und an langfristige Investitionen in den vitalen Wissenspool der Universität Regensburg glauben.
Dr. Gianaurelio Cuniberti,
Forschungsgruppe
Â?Molecular ComputingÂ?,
Institut für theoretische Physik
der Universität Regensburg

[1]Quelle: Martin Spiewack. Uni heißt Unterschied. Die Zeit, 6.01.2006. Siehe auch: www.thes.co.uk (World University Ranking).
[2]Harvard University Gazette (Okt. 06, 2005 issue)